Finanzen
EZB-Ratsmitglied Nowotny sorgt sich um deutsche Wirtschaft
GDN -
Der österreichische Notenbankchef Ewald Nowotny fürchtet eine deutlichere Abschwächung der deutschen Wirtschaft und damit möglicherweise erhöhte Risiken für die europäische Währungsunion. "Am meisten Sorgen macht mir Deutschland", sagte das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) dem "Handelsblatt" (Donnerstagsausgabe).
Die jüngsten Prognosen würden von einem massiven Rückgang im Wachstum ausgehen. Die große Frage sei, ob das an Sonderfaktoren liege oder doch strukturelle Gründe habe. "Von außen sehe ich, dass es von den Wirtschaftsforschungsinstituten dazu sehr divergierende Einschätzungen gibt", sagte der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank. Im EZB-Rat sei der überwiegende Eindruck, dass dies auf Sonderfaktoren wie den Emissionstest in der Autoindustrie zurückzuführen sei. "Mich wundert nur, dass auch andere Länder wie Frankreich von den neuen Emissionstests betroffen sind – und dort gibt es diesen Effekt nicht", sagte Nowotny. Wegen der großen Bedeutung des Exports sei die deutsche Wirtschaft sehr abhängig von Entwicklungen im Ausland. "Die aktuellen Risikofaktoren, die wir als EZB sehen, wie geopolitische Faktoren, würden Deutschland besonders treffen." Auch die Ausrichtung der Exporte auf die USA und China sei tendenziell gefährlicher als zum Beispiel die Exportstruktur in Österreich. Zuletzt haben sich die Indikatoren für die deutsche Wirtschaft deutlich verschlechtert. Am Dienstag ist der Ifo-Index, der als wichtigster Frühindikator für die deutsche Wirtschaft gilt, auf ein Zweijahrestief gefallen. Das Barometer für das Geschäftsklima sank im Dezember überraschend deutlich. Die Stimmung trübte sich sowohl im Handel als auch bei den Dienstleistern sowie in der Industrie ein, während sie in der Baubranche stabil blieb. Erstmals seit Mai 2016 schätzten die Industriebetriebe die Aussichten negativ ein. EZB-Ratsmitglied Nowotny kritisierte im "Handelsblatt", dass die EZB im Rahmen ihrer Reinvestitionen 2019 nicht nur auslaufende Staatspapiere ersetzen will, sondern auch auslaufende Kreditverbriefungen und Unternehmensanleihen. Es würden ohnehin kaum Kreditverbriefungen gekauft. Insofern sei die Frage, ob es sich lohnt das aufrechtzuerhalten. Noch kritischer sieht Nowotny die Käufe von Unternehmensanleihen, weil man dort Verpflichtungen von Einzelfirmen kaufe. Dort seien die Gefahr von Verzerrungen und das Risiko besonders groß. "Ich hätte es bevorzugt, den Kauf von Unternehmensanleihen auslaufen zu lassen und stattdessen mehr Staatsanleihen zu kaufen", sagte der Notenbanker. Die Reinvestitionen sollen sich am neuen Kapitalschlüssel der EZB orientieren. Nowotny verwies darauf, dass dies bedeute, dass zum Beispiel auch griechische Anleihen gekauft werden könnten, wenn griechische Anleihen von der EZB wieder zugelassen werden sollten.
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