Politik
Demonstrationen gegen Grundrechts- und Freiheitsbeschränkungen
Corona: Maßnahmegegner machen mobil
Demonstration gegen Corona-Maßnahmen (Quelle: heldmann.photography)
GDN -
Vor rund zehn Monaten fand in Kassel eine der größten Demonstrationen gegen Grundrechts- und Freiheitsbeschränkungen in Deutschland statt. Die Demonstration war gerichtlich verboten worden. Trotzdem waren rund 20.000 Menschen auf den Straßen.
Inzwischen finden solche Demonstrationen täglich irgendwo in Deutschland statt. Am 15. Januar gab es auch in Kassel wieder eine größere derartige Veranstaltung, zu der eine Gruppe „Freie Bürger Kassel“ aufgerufen hatte. Mitorganisatoren waren u.a. Sarah „Sunny“ S., eine frühere Hochzeitsplanerin, die auch zum dreiköpfigen Veranstalterteam der gerichtlich zugelassenen stationären Kundgebung am 20. März 2021 gehörte, und Felix B., der wiederholt als Anmelder von Autocorsi in Kassel auftritt. Sarah S. moderierte die Kundgebung auf dem zentralen Kasseler Friedrichsplatz mit einigen hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Hauptredner war der Publizist und Politologe Hermann Ploppa, der bei der letzten Bundestagswahl im südlich von Kassel gelegenen Schwalm-Eder-Kreis für die Partei „Die Basis“ kandidierte. Seine Rede war eine etwas krude Mischung aus Elementen, wie man sie noch aus Reden von DKP-Politikern in den siebziger und achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts in Erinnerung hat, konkreter Kritik an den aktuellen Corona-Maßnahmen und Forderungen, die nur noch wenig mit rechtsstaatlichen Verfahren zu tun haben. So rief er zu „Sondertribunalen“ auf, um „die Coronamaßnahmen aufzuklären“.
Verfassungsschutzpräsident Haldenwang erklärte kürzlich laut „Die Welt“, „an den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen beteiligen sich vor allem Bürger ohne Extremismus-Bezug.“ Dies war erkennbar auch in Kassel so. Während in anderen Städten gelegentlich Neonazis und andere Rechtsextreme „auf „Visibilität“ (setzten)und ihre Bedeutung größer erscheinen lassen (wollten) als sie tatsächlich sei“, war von den stadtbekannten Rechtsextremen in Kassel niemand auszumachen. Umso irritierender war allerdings das Abspielen einer Tonkonserve durch Sarah S. im Anschluss an Ploppas Rede. Dieses rund dreiminütige Audiofile der Rede eines nicht genannten Mannes weckte sowohl hinsichtlich Klangs wie auch ihrer Art Assoziationen zu Reden, wie sie in den frühen Dreißigern des letzten Jahrhunderts aus den Volksempfängern erklangen.
Nach der Kundgebung zogen rund 750 Demonstranten (eigene Zählung des Autors) unter Skandierung von Parolen wie „Frieden – Freiheit – Demokratie“ durch das abendliche Kassel. Bis auf den Versuch einer kleinen Gruppe der „Antifa“, den Demonstrationszug zu blockieren, verlief der Marsch friedlich. Die das Demonstrationsrecht absichernde Polizei drängte die Störer ab.
Der Demonstrationstag hatte am frühen Nachmittag bereits mit einem Aufmarsch von Anhängern der freiheitsbeschränkenden Maßnahmen begonnen. Beherrscht wurde dieser Zug mit rund 400 Teilnehmern (ebenfalls eigene Zählung) vom „Schwarzen Block“ der „Antifa“. Entsprechend dem Motto von Bundeskanzler Scholz, es gebe „keine roten Linien“ mehr, zeigten diese Demonstranten ein erhebliches Gewaltpotential. So verbanden sie die Forderung „Masken tragen, Abstand halten“ (was sie selbst geflissentlich ignorierten) auf ihrem Transparent mit dem Aufruf zu Gewalt („Nazis auf die Fresse schlagen“).
Bei einem kurzen Stopp vor einem bekannten Treffpunkt der rechtsextremen Szene in Kassel unweit des Rathauses blieb es bei verbalen Drohungen. Doch etwas später löste sich dieser Block aus dem Demonstrationszug und versuchte, eine Gruppe der Gegner der Coronamaßnahmen zu attackieren. Dies wurde durch die Polizeikräfte verhindert. Die Kasseler Polizei schrieb dazu in einer Pressemitteilung: „Gegen 15:15 Uhr hatten allerdings etwa 35 Personen des Aufzuges der Gegendemonstration die von der Versammlungsbehörde festgelegte Aufzugsstrecke verlassen und waren in der Oberen Königsstraße in Richtung der 80 Personen, die von der Stadthalle kamen und auf dem Weg zum Friedrichsplatz waren, gerannt. In Höhe des Rathauses konnten Einsatzkräfte mit einer Polizeikette das Aufeinandertreffen der unterschiedlichen Versammlungsteilnehmer verhindern. 35 Personen wurden vor dem Rathaus vorläufig festgenommen.“
Auch sonst war das Aggressionsniveau dieser Demonstranten deutlich ausgeprägter als das der Coronamaßnahmen-Gegner. Sie beschränkten sich nicht nur darauf, „Impfpflicht JETZT!“ zu fordern, sondern verstiegen sich auch dazu, so genannte „Querdenker“ als „Terroristen“ zu bezeichnen. Dass Toleranz, Meinungsfreiheit und das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit für diese Unterstützer staatlicher Zwangsmaßnahmen nicht universell gelten, zeigten die bereits erwähnten Versuche, Andersdenkenden dieses Recht zu verwehren.
Für den Artikel ist der Verfasser verantwortlich, dem auch das Urheberrecht obliegt. Redaktionelle Inhalte von GDN können auf anderen Webseiten zitiert werden, wenn das Zitat maximal 5% des Gesamt-Textes ausmacht, als solches gekennzeichnet ist und die Quelle benannt (verlinkt) wird.