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Bahnchef Grube räumt grundsätzliche Defizite bei Führungskultur ein
GDN -
Bahnchef Rüdiger Grube räumt nach dem Mainzer Schienenchaos gegenüber der "Welt am Sonntag" grundsätzliche und ernstzunehmende Defizite bei der Führungskultur im DB-Konzern ein. "Wir haben bundesweit etwa 12.500 Fahrdienstleiter. Die haben im Durchschnitt 80 Überstunden pro Person. Die halbwegs abzubauen, dauert seine Zeit. Aber dass sie sich überhaupt aufbauen konnten, obwohl die betroffenen Mitarbeiter gewarnt hatten, das zeigt, dass Informationen nicht schnell genug im Vorstand ankommen", sagte der Vorstandsvorsitzende.
Grube weiter: "Da gibt es offenbar immer auch noch eine Kultur des Schweigens, gegen die ich schon seit Jahren ankämpfe. Wir müssen unseren Mitarbeitern die Angst nehmen, damit sie sich zu Wort melden, wenn etwas schiefläuft, und damit das dann auch weitergeleitet wird." Diese Ängste haben Grube zufolge mehrere Ursachen: "Den nicht gelungenen Börsengang zum Beispiel, in dessen Sog teilweise wohl ungute Gefühle entstanden, wenn man glaubte, nicht auf Linie zu sein. Oder die Datenaffäre, die den Leuten wohl immer noch etwas in den Knochen steckt, auch wenn die Bahn heute top beim Datenschutz ist." Der Konzernchef räumte ein, dass es Aufgabe des Vorstandsvorsitzende ist, ein Klima des Vertrauens und der Offenheit zu schaffen. "Aber um da das Ruder rumzureißen und die Unternehmenskultur hin zu mehr Offenheit zu entwickeln, braucht man Zeit, viele, viele Jahre dauert so etwas. Wir sind hier schon ein sehr gutes Stück vorangekommen, aber noch lange nicht am Ziel", so Grube. Der Prozess laufe, bei Dutzenden von Konferenzen habe der Vorstand persönlich mit insgesamt Zehntausenden Mitarbeitern diskutiert: "Jede Führungskraft macht mit ihren Mitarbeitern regelmäßige Workshops. Nicht ohne Wirkung: Bei einer Umfrage zur Mitarbeiterzufriedenheit sind wir auf einer Skala von Eins bis zur Bestnote Fünf auf einen durchschnittlichen Wert von 3,6 gekommen. Das war besser als erwartet, ist aber weiß Gott noch nicht gut genug." Grube räumte ferner ein, dass die Probleme in Mainz jahrelange Bemühungen des Vorstands um ein besseres Image zunichte gemacht hätten. "Selbstverständlich hat uns das ganz erheblich zurückgeworfen, das ist mir klar. Aber das spornt mich eher noch mehr an, mein und unser Engagement zu steigern. So etwas wie in Mainz darf nicht passieren, aber es ist leider passiert", sagte der Bahnchef. "Jetzt müssen wir hart daran arbeiten, damit sich das nicht wiederholen kann. Was die Personalfrage angeht, tun wir seit einiger Zeit bereits sehr viel." Im vergangenen Jahr habe die Konzerntochter DB Netz 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neu eingestellt. "Wir haben in diesem Jahr 247 Fahrdienstleiter mehr als Ende 2012. Und wir werden 2013 rund 600 statt der geplanten 300 Fahrdienstleiter neu rekrutieren", zählte Grube auf. Zugleich machte der Bahnchef deutlich, dass die Personalknappheit bei den Fahrdienstleitern schon lange im Unternehmen bekannt gewesen sei. "Ich weiß, dass die Arbeitnehmervertreter in einer Aufsichtsratssitzung der Konzerntochter DB Netz schon vor längerer Zeit das Problem angesprochen haben", so Grube. Dem sei auch nachgegangen worden. "Es gibt einen Brief des damaligen und mittlerweile erneuerten Vorstands von DB Netz vom Januar dieses Jahres, in dem Handlungsbedarf anerkannt wird. Allerdings heißt es in dem Schreiben auch, der Personalmangel sei nur kurzfristig aufgetreten und meist rasch ausgeglichen worden. Und: Die Sicherheit des Bahnbetriebs sei immer gewährleistet gewesen; mit den eingeleiteten Maßnahmen werde es 2013 keine Probleme geben", sagte Grube. Unter anderem der Blitzbesuch bei den Stellwerkern in Mainz habe klargemacht, wie kritisch die Situation ist und wie es dort zu Personalengpässen kommen konnten, die Ursache für das Schienenchaos in einer ganzen Region sind, berichtete der Bahnchef. Er habe dort "so einiges" zu hören bekommen. "Beispielsweise war bei ihnen in der Region geplant gewesen, die Technik zu modernisieren und danach mit weniger Mitarbeitern auszukommen. Nun, die Modernisierung wurde nach ihren Angaben verschoben, der Personalabbau aber, den eigentlich erst die neue Technik ermöglicht, wurde teilweise umgesetzt. Das logische Ergebnis ist Personalmangel", sagte Grube. "Die Mitarbeiter in Mainz sagten auch ganz offen und ehrlich, dass die Alarmsignale, die sie über Monate hinsichtlich der angespannten Personalsituation gegeben hätten, offenbar nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit verfolgt wurden. Dem werden wir nachgehen", versprach er. Von der Art, wie mit den Zuständen in Mainz in Öffentlichkeit und Politiker bisweilen umgegangen wird, hält Rüdiger Grube allerdings wenig: "Was mich ärgert, ist die Tatsache, dass ein Problem wie in Mainz die tägliche Leistung Zehntausender Bahn-Mitarbeiter in Misskredit bringt. Hier wird tagtäglich Hervorragendes geleistet. Ich bitte darum, die Arbeit unserer Mitarbeiter nicht in den Wahlkampf zu ziehen. Natürlich muss über Verkehrspolitik gestritten werden, aber nicht auf Kosten der Eisenbahner."
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