Sympathisch, selbstbewusst und talentiert

GDN - Lisa-Marie Fischer - ein noch eher unbekannter Name in der Musikwelt. Doch das könnte sich schon bald ändern, denn sie gilt als eines der größten Talente der deutschen Country-Folk-Szene. Am vergangenen Freitag präsentierte sie sich und ihre Musik in Vellmar, bei einem ausverkauften Konzert.

Ihren Vornamen verdankt Lisa-Marie Fischer keinem Geringerem als dem King of Rock `n` Roll - Elvis Presley, denn nach dessen Tochter Lisa-Marie Presley, wurde die 1991 in Marburg geborene Sängerin benannt. Allein diese Tatsache deutet bereits auf eine musikbegeisterte Familie hin. “In meiner Familie spielt zwar niemand ein Instrument, aber alle hören gerne Musik und durch meinen Vater bin ich ja auch erst zu der Musik gekommen“, erzählt mir die sympathische Künstlerin vor ihrem Auftritt in Vellmar. Er habe eines Tages die Idee gehabt, an einer Musikkreuzfahrt teilzunehmen - ein Familienurlaub, der das Leben der damals 16jährigen maßgeblich verändern sollte.

Von Miami aus startete die Familie 2008 zu der geplanten Schiffstour, bei der renommierte Künstler aus der amerikanischen Singer-/Songwriter- und Country-Szene auftraten. “Diese Kreuzfahrt hat mich unheimlich beeinflusst. Die ganzen Künstler kennenzulernen, die Geschichten zu hören, die sie in ihren Songs erzählen “¦ das hat mich alles sehr beeindruckt. Danach war mir klar: Das will ich auch machen!“ Heute - sechs Jahre später - hat Lisa-Marie Fischer bereits zwei CDs veröffentlicht, zwei US-Clubtourneen hinter sich und wurde, als erste deutsche Künstlerin, auf das Riverbend Festival in Chattanooga/Tennessee eingeladen.

“Lucky Streak“ (dt.: Glückssträhne) heißt einer ihrer Songs. Gleich einen Tag nachdem sie ihn geschrieben hatte, habe sie ein vierblättriges Kleeblatt gefunden. “Wenn es bei meinen Konzerten immer so voll ist, wie heute hier, hat es mir ja wirklich Glück gebracht“, kündigt sie in Vellmar den entsprechenden Song an. In der Tat musste der Veranstalter kurz vor Beginn des Konzertes noch eilig einige zusätzliche Stühle herbeischaffen, so groß war das Interesse an der jungen, aufstrebenden Sängerin.

Musiker wie John Hyatt und Emmylou Harris haben, während ihrer Kindheit, Lisa-Maries musikalische Hörgewohnheiten geprägt. Mit der Musik, für die sich ihre Schulfreunde interessierten, konnte sie hingegen wenig anfangen, was nicht immer leicht gewesen sei. “In der Schule habe ich mich schon ein bisschen als Außenseiter gefühlt. Keiner hatte Interesse an dem, was ich da gehört habe.“ Im Grunde sei das bis heute so geblieben. “In meinem Freundeskreis hört niemand Country. Wenn ich denen erzähle, was ich gerade höre oder wen ich kennengelernt habe, dann interessiert das meistens niemanden.“ Umso bewundernswerter, dass sie sich selbst treu geblieben und konsequent ihren Weg gegangen ist.

Auf ihren beiden bislang erschienenen CDs, beindruckt Lisa-Marie Fischer mit ihrer angenehmen Stimme, aber vor allem auch mit ihrem beachtenswerten Songwriting-Talent. Gefühlvolle Balladen wechseln sich mit heiteren Songs ab, die fast ausnahmslos durch ansprechende, eingängige Melodien, oftmals mit Ohrwurmqualität, bestechen. Musik, die auch gefällt, wenn man nicht passionierter Countryfan ist. “Meinen ersten Song habe ich ein Jahr nach der besagten Kreuzfahrt geschrieben. Ich habe einfach damit angefangen und es hat gleich funktioniert. Ich habe auch mein erstes Album hauptsächlich alleine geschrieben. Beim Zweiten habe ich dann mit Leuten aus Nashville zusammengearbeitet, wo ich gelernt habe, wie es professionell gemacht wird.“

In Vellmar wird die zierliche Sängerin vom Publikum herzlich aufgenommen. Neben ihrem musikalischen Können hat sie auch bereits eine angenehme Bühnenpräsenz entwickelt. Mit heiteren Ansagen kündigt sie ihre Songs an oder macht scherzhafte Bemerkungen zu dem - nur mäßig ausgeprägten - Comedytalent ihres Produzenten Mark Evitts, der sie auf der Bühne unterstützt. Das Publikum fühlt sich offenbar gut unterhalten, denn nach der Pause ist der Saal noch ebenso voll, wie zu Beginn des Konzertes. “Das ist ein gutes Zeichen“, freut sich die 23jährige.

Die Begegnung mit Mark Evitts, der für den Auftritt in Vellmar aus dem fernen Nashville eingeflogen wurde, war zweifellos entscheidend für den weiteren Verlauf von Lisa-Maries Karriere. “Wir haben uns 2008 auf der Kreuzfahrt kennengelernt. Er hat dort mit seiner damaligen Band gespielt. An einem Abend war auf dem Schiffsdeck ein Konzert von Ryan Bingham. Ich stand da im Publikum und er ist mir auf den Fuß getreten und so kamen wir ins Gespräch.“ Ein folgenreicher Fehltritt des Musikers aus Nashville, denn “daraus wurde eine gute Freundschaft und er hat dann sogar meine letzte CD produziert.“

In den USA tritt Lisa-Marie mit einer kompletten Band auf, während sie in Deutschland in der Regel alleine auf der Bühne steht. “Meine Band besteht aus Musikern aus Amerika. Deshalb spiele ich in Deutschland alleine oder gelegentlich mit Mark, wenn er rüber kommt.“ Ich spüre, dass sie gerne häufiger mit einer angestammten Band spielen würde, weshalb sich die Frage aufdrängt, ob ihr weiterer Weg nicht zwangsläufig endgültig nach Amerika führen wird. “Ich würde es mir schon wünschen irgendwann in Nashville zu wohnen“, bekennt sie. “Gerade weil da wirklich an jeder Ecke Musik ist. Das ist in Marburg, auch wenn es eine sehr schöne Stadt ist, leider nicht so der Fall.“

Bis es soweit ist, muss modernste Kommunikationstechnik weiterhelfen. Über Skype absolviere sie regelmäßige Songwriting-Sessions mit ihren Musikern in Nashville und auch ihren Gesangsunterricht erhalte sie - mittels Computer - aus der Hauptstadt des Staates Tennessee, die als das Zentrum der Countrymusik schlechthin gilt. Auf der Bühne präsentieren sie und Evitts hingegen handgemachte Musik, ohne technische Effekthascherei. Die Setlist besteht dabei überwiegend aus den Songs der beiden bislang veröffentlichten Alben. Aber auch einige neue Stücke, von denen eines gar erst am Vortag entstanden sei, stellt sie dem Publikum vor.

Vor allem während der zweiten Hälfte des Konzertes erhalten die Zuhörer erste Einblicke in das, was in der nächsten Zukunft entstehen wird, nämlich die dritte CD von Lisa-Marie Fischer. “Im Mai fliege ich wieder nach Nashville, für die Aufnahmen. Da freue ich mich schon sehr drauf.“ Die Songs seien bereits alle fertig und im Anschluss an die anstehenden Studioaufnahmen, werde es wahrscheinlich eine Tournee, sowohl in den USA, als auch in Deutschland geben.

Für Lisa-Marie ist es ganz entscheidend, sich als Musikerin weiterzuentwickeln. So sei die Produktion der zweiten CD (“Sugar & Salt“) viel professioneller gewesen als ihr Debütalbum. “Für mich ist das ganz wichtig, dass ich eine Entwicklung sehe. Ich will ja nicht auf der Stelle treten. Jede CD soll ein bisschen anders klingen.“ Da ist die Frage naheliegend, was von dem kommenden Album zu erwarten ist. Lisa-Marie überlegt kurz. “Ich glaube es wird dieses mal nicht ganz so countrymäßig sein. Dafür eher etwas mehr Folk und vielleicht auch ein bisschen Pop.“

Zum Abschluss des Konzertes erhalten die beiden Musiker, selbst nach den Zugaben, noch reichlich Applaus, sodass Lisa-Marie kurz überlegen muss, was sie noch spielen könnte. Sie entscheidet sich für “Valentine´s Day“, einen Song über das Singledasein am Tag der Liebe. Single ist die Sängerin noch immer, da die Suche nach dem “Outlaw“, von dem sie in ihrem Song “Cowboy“ singt, bislang noch nicht von Erfolg gekrönt war. Doch das sollte ihr, bei ihrer Glückssträhne seit dem gefundenen Kleeblatt, auch noch gelingen.

Und vielleicht klappt es irgendwann auch mit dem Auftritt in der “Grand Ole Opry“, einer legendären Radioshow, die seit 1925 allwöchentlich aus Nashville übertragen wird. Dieses sei - neben dem Gewinn eines Grammys - einer ihrer Träume, verrät sie mir. 1952 trat dort ein gänzlich unbekannter LKW-Fahrer auf, der einige Jahre später die Musik revolutionieren sollte“¦ und dessen Tochter Lisa-Marie Fischer ihren Namen verdankt. Wohin auch immer der Weg sie führen wird, man kann der sympathischen und ungemein talentierten jungen Frau nur alles Gute wünschen und sie kann sich gewiss sein - in Vellmar wird sie immer ein gerne gesehener Gast sein.