Kultur

Mutige und überraschende Inszenierung im Staatstheater Kassel

“Fräulein Julie“ von A. Strindberg


(Quelle: N.Klinger)
GDN - Die Tragödie “Fräulein Julie“ von August Strindberg feierte am vergangenen Samstag Premiere im Staatstheater Kassel (tif) und konnte mit einer atmosphärischen, nicht alltäglichen Inszenierung das Publikum überzeugen.
Quelle: N.Klinger
Während einer Mittsommernacht verführt die verwöhnte Gutsbesitzertochter Julie, den ihr untergebenen Hausdiener Jean, der wiederum mit Köchin Kristin liiert ist. Jean wiedersteht anfänglich noch den Reizen der attraktiven jungen Dame, bevor er diesen schließlich doch erliegt. Im weiteren Verlauf nimmt die Beziehung eine unvorhergesehene Wendung, denn statt leidenschaftlicher Liebe treten kühle Berechnung und Verachtung in den Vordergrund. 1889 wurde “Fräulein Julie“, eines der meistgespielten Stücke des schwedischen Autors August Strindberg, in Kopenhagen uraufgeführt. Strindberg gilt als einer der bedeutendsten schwedischen Dramatiker, war jedoch zeit seines Lebens umstritten.
Nach unterbrochenem Medizinstudium, versuchte sich Strindberg als Schauspieler, konnte in dem Metier jedoch nicht Fuß fassen und nahm sein begonnenes Studium erneut auf, bevor er sich, aus vorrangig finanziellen Gründen, gezwungen sah, dieses endgültig abzubrechen. Zeitgleich begann er mit dem Schreiben und erreichte 1879, mit der Veröffentlichung des satirischen Romans “Das rote Zimmer“, seinen literarischen Durchbruch. Aufgrund seiner massiven Kritik an nahezu sämtlichen gesellschaftlichen Institutionen, die zahlreiche seiner Werke durchzieht, sah er sich heftigen Anfeindungen ausgesetzt, die ihn letztlich dazu veranlassten, seine schwedische Heimat zu verlassen.
Strindberg war ein streitbarer, neugieriger, rastlos Mensch, dessen Leben alles andere als gradlinig und unkompliziert verlief. Streitbar sind mitunter auch die Arbeiten von Marco Å torman, der das Trauerspiel inszeniert hat. Doch in Kassel wusste man um die mitunter überbordenden Ideen des jungen Regisseurs, der in der vergangenen Spielzeit bereits Arthur Schnitzlers “Anatol“ in Kassel auf die Bühne gebracht hat. Ähnlich wie bei der damaligen Regiearbeit, oder auch bei jener von “Wir sind noch einmal davon gekommen“ (Thornton Wilder) am Hamburger Thalia-Theater, hat Å torman das Stück kräftig entstaubt, die Handlung gewissermaßen aus der Zeit geholt und auf 70 Minuten verdichtet.
Quelle: N.Klinger
In seiner nicht konventionellen Herangehensweise, schafft Å torman an vielen Stellen suggestive, poetische Bilder, die sich traumartig, fast schwebend, auf der dunklen Bühne zu entfalten scheinen. Das alles wäre ohne das großartige, geheimnisvoll-düstere Bühnenbild, das Daniel Roskamp erschaffen hat, nicht denkbar. Ebenso unterstützen die atmosphärischen Klänge von Gordian Gleiss hervorragend die geschaffene Stimmung.
Peter Elter verkörpert den Diener Jean ebenso überzeugend wie Anke Stedingk, deren Bühnenpräsenz stets beeindruckt, die Köchin Kristin. Herauszuheben ist Alina Rank, die in die Rolle der “Fräulein Julie“ schlüpft und insbesondere im letzten Teil des Stückes brilliert. In ihrem goldenen Käfig sitzend, liefert sie eine fulminante Performance. Wenn sich auch nicht jede Regieidee erschließt und nicht jeder Einfall funktioniert, so erlebt das Publikum gewiss einen spannenden und überraschenden Theaterabend. Das wussten die Premierenbesucher zu würdigen und bedachten die couragierte Inszenierung mit lautstarkem und lang anhaltendem Applaus.
Anke Stedingk
Quelle: N.Klinger
Peter Elter
Quelle: N.Klinger
Alina Rank
Quelle: N.Klinger

weitere Informationen: https://www.staatstheater-kassel.de

Für den Artikel ist der Verfasser verantwortlich, dem auch das Urheberrecht obliegt. Redaktionelle Inhalte von GDN können auf anderen Webseiten zitiert werden, wenn das Zitat maximal 5% des Gesamt-Textes ausmacht, als solches gekennzeichnet ist und die Quelle benannt (verlinkt) wird.