Kultur
(Fast) Alle waren da - nur einer fehlte
66. Frankfurter Buchmesse 2014
Frankfurter Buchmesse 2014 (Quelle: heldmann.photography)
GDN -
Eigentlich geht es bei der Buchmesse in Frankfurt erst in zweiter Linie um Bücher. Zuerst geht es um Vernetzung, Kommunikation, Dialog - die Messe ist ein großer Marktplatz. Und alle gehen hin, nur einer fehlte: Der Literatur-Nobelpreisträger.
Als am Donnerstag um 13 Uhr bekannt wurde, dass der diesjährige Literaturnobelpreis an den französischen Autor Patrick Modiano geht, waren bei seinem deutschen Verlag Hanser Jubel und Trubel groß. Alles, was eine Kamera oder ein Mikrofon dabei hatte, drängte auf dem engen Stand in Hall 3.0. Dass der eher als öffentlichkeitscheu bekannt Autor dort livehaftig zu sehen sein wird, damit konnte niemand rechnen. Aber es gab auch sonst keine Spur von ihm am Stand, ein Hinweis darauf, dass nicht wirklich jemand seines Verlages mit dieser Entscheidung des Komitees in Stockholm gerechnet hatte. Es gab kein Foto, noch nicht einmal ein Buch Modianos. Somit blieb nur, den Verlagschef Jo Lendle oder die Lektorin Tatjana Michaelis zu befragen und abzulichten. Wer ein Buch des Autors sehen wollte, konnte aber doch fündig werden. Beim französischen Verlag Gallimard lag ein Werk in der Auslage.
Viele andere waren hingegen zu sehen. An den Verlagsständen, auf den Bühnen von ARD, ZDF, Arte und 3Sat oder im neuen Business Club der Buchmesse gaben sie sich die Mikrofone in die Hand. Gerade der Business Club hat sich dabei als ein Ort bewährt, an dem man sich dem eigentlichen Thema der Messe, eben der Literatur, in Ruhe widmen konnte. Im gediegenen Ambiente und frei von der sonst üblichen Messehektik ließen sich dort Erfolgsautoren wie Ken Follet oder David Nicholls viel Zeit, um über ihre Bücher zu sprechen.
Deutlich turbulenter ging es dagegen auf der Open Stage der Agora zu. Hier drehte sich alles beim überwiegend sehr jungen Publikum um einen Musiker, den jeder nur maskiert und unter Pseudonym kennt. Vermummt mit einer nach “altem Leder“ riechenden (Katrin Bauerfeind) Pandamaske hat “Cro“ inzwischen in Deutschland Starstatus erlangt. Bei Konzerten, wie z.B. demnächst in der Frankfurter Messehalle, verkauft er locker an die zehntausend Karten. Und auch beim Kurzauftritt auf der Bühne inmitten der Büchermesse dürften es 2000 Fans und Neugierige gewesen sein, die geduldig auf den Musiker warteten. Ebenso geduldig gaben er und die beiden Autoren eines Buches über ihn, Sebastian A. Schweizer und Psaiko Dino, Autogramme, signierten Bücher und ließen sich mit den Fans fotografieren.
Letzteres war einem anderen Autor eher zuwider. “Selfies sind eine neue Krankheit“, attestierte Reinhold Messner, der sein Buch “Über Leben“ vorstellte. Gefühlt mehr als 200-mal sei er auf der Buchmesse gefragt worden, ob er sich mit dem Frager fotografieren lasse. Das nerve nicht nur ihn, sondern es mache ihm auch Sorge, wenn Menschen ihren Platz in dieser Welt nur darüber finden, dass sie sich mit Prominenten oder an attraktiven abbilden müssten. Eigentlich ging es allerdings um Erfolge und Ängste in seinem Leben, über die er sprach. Und zu sagen hat Messner viel, Interviewer Florian Nass kam in der halben Stunde auf der ARD-Bühne kaum zu Wort.
Ängste waren auch ein Thema bei Charlotte Link, die auf dem “Blauen Sofa“ ihr neues Buch vorstellte, dass von der Krankheit und dem langsamen Sterben ihrer Schwester erzählt. Weniger ernst ging es kurz darauf an gleicher Stelle zu, als Volker Klüpfel und Michael Kobr aus ihrem jüngsten Krimi um den Allgäuer Kommissar Kluftinger vorlasen. Ernster waren dagegen wieder die Themen, über die am Stand des Vorwärts gesprochen wurde, ob mit Wolfgang Thierse über die Deutsche Einheit oder im Gespräch zwischen Ministerpräsidenten Manu Dreyer und der Bloggerin Anne Wizorek (#Aufschrei) über den “Feminismus von heute“.
Die Buchmesse ist so bunt wie das Leben. Dessen ganzes Spektrum findet sich eben auch in der Literatur wieder, ob Überleben oder Sterben, Ernstes wie Komisches, Frisuren oder veganes Essen. Erlebbar ist das noch bis Sonntag, am Wochenende auch für die breite Leserschaft.
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