Kultur
iF DESIGN AWARD 2016
Ausstellungsraum der Residenz Würzburg
GDN -
Zweifellos hätte schon Balthasar Neumann mit seinem Entwurf für das weltberühmte Treppenhaus der Residenz Würzburg einen Preis verdient gehabt. Aber erst seit 1954 wird der iF DESIGN AWARD als internationale Auszeichnung für außergewöhnliche Designleistungen vergeben.
Nun erhielt die Würzburger Agentur EYDOS den iF DESIGN AWARD 2016 in der Kategorie Interior Architecture für die Gestaltung des Gedächtnisraums für John Davis Skilton, den Retter der kriegszerstörten Residenz Würzburg. Eine internationale Expertenjury konnte aus über 5.000 Einreichungen aus 53 Ländern wählen, um in fünf Disziplinen Preise zu vergeben (Product, Communication, Packaging, Interior Architecture und Professional Concept).
Bernd Schreiber, Präsident der Bayerischen Schlösserverwaltung, gratuliert: “Dem Retter des Herzstücks der Residenz sollte ein emotionales Denkmal gesetzt werden. Dies ist, wie das Prädikat und der Besucherzuspruch zeigen, in herausragender Weise gelungen - Gratulation an die Würzburger Gestalter.“
Die Aufgabenstellung war schwierig: Am Ende des Rundgangs durch die historischen Prunkräume sollten die Residenzbesucher in einem nur 60m² großen Raum über die Kriegszerstörungen Würzburgs und die anschließenden Sicherungsarbeiten informiert werden. Durch einen Bombenangriff am 16. März 1945 war neben der Altstadt auch die bedeutende barocke Schlossanlage stark zerstört worden. Nach Kriegsende war es dann dem Engagement des amerikanischen Kunstschutzoffiziers John Davis Skilton zu verdanken, dass die Residenz durch Notdächer gesichert und so auch die Deckenfresken von Giambattista Tiepolo gerettet werden konnten. Dies war die Voraussetzung für die weitgehende Wiederherstellung der Residenz, die seit 1981 zum Weltkulterbe der UNESCO zählt.
Ein umfangreiches Thema musste also kompakt und leicht fasslich vermittelt werden, zudem sollte die räumliche Gestaltung die Besucher besonders überraschen und fesseln. Um den Gedenkraum noch pünktlich zum 70. Jahrestag der Bombardierung Würzburgs vorzustellen, mussten Recherche, Konzeption und Ausführung innerhalb von drei Monaten abgeschlossen werden. Dem kreativen Team von EYDOS gelang es trotzdem, die Vernichtung der Altstadt Würzburgs wie den darauf folgenden Neuanfang in ein bewegendes Raumbild zu verdichten. Wenn der Besucher aus den prunkvollen Rokoko-Sälen in den Ausstellungsraum tritt, wird ihm der Moment der Zerstörung abrupt vor Augen geführt. Statt in einer organischen Komposition präsentieren sich die Bild- und Textelemente bewusst bruchstückhaft, sie erinnern an Scherben und Splitter. Damit spiegeln sie den Akt der Zerstörung.
Ein dominierendes emotionales Signal setzt ein bisher unveröffentlichtes Luftbild der zu neunzig Prozent zerstörten Stadt Würzburg. Erst kürzlich in einem amerikanischen Archiv entdeckt, wird es hier in überraschender Qualität und wandfüllendem Format gezeigt. Den zweiten Schwerpunkt bildet ein wandhohes Porträt des Kunstschutzoffiziers Skilton. Seine Rolle bei der Rettung der Residenz wie auch die Umstände der Zerstörung werden in knappen, oft zitathaften Texten erläutert.
Hauptinformationsträger sind jedoch zeitgenössische Bilddokumente. Auf Metallplatten aufgezogen und mit Hilfe spezieller Abstandhalter in unterschiedlichen, teils bedrohlichen Neigungswinkeln montiert, scheinen sie vor den Wänden zu schweben und überspielen sogar Gesimse oder Türstöcke. Diese irritierend komponierte Präsentation und die farbige Beschränkung auf Schwarzweiß und Rot vermittelt schon auf den ersten Blick die Auflösung eines Stückes Geschichte und den Neuanfang aus einer gespenstischen Ruinenlandschaft. Zusätzlich kann der interessierte Besucher in vielen kleineren Fotos und Dokumenten noch vertiefende Informationen entdecken. Ein Konzept, das nicht nur die Besucher, sondern auch die Expertenjury des
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