Politik
Textvergleich: Bundesregierung hat Armutsbericht geschönt
GDN -
Die Bundesregierung hat ihren Armuts- und Reichtumsbericht in einigen entscheidenden Passagen deutlich geglättet. So ist die klare Aussage "Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt" in der Einleitung des Regierungsdokuments nicht mehr zu finden.
Dies geht aus einem Vergleich des Entwurfs mit der überarbeiteten Fassung vom 21. November hervor, die der "Süddeutschen Zeitung" vorliegt. Den Bericht, der jetzt den Verbänden vorliegt, soll das Kabinett möglichst noch dieses Jahr billigen. Die erste Fassung der amtlichen Analyse, die das Bundesarbeitsministerium alle vier Jahre erstellt, war Mitte September an die anderen Ressorts gegangen. Zwei Monate später fehlen nun bestimmte Sätze, mit denen die Beamten des Ministeriums von Ursula von der Leyen (CDU) einen durchaus kritischen Blick auf die Republik warfen. Dazu zählen auch Aussagen zur Lohnentwicklung. In der ersten Variante stand: "Während die Lohnentwicklung im oberen Bereich positiv steigend war, sind die unteren Löhne in den vergangenen zehn Jahren preisbereinigt gesunken. Die Einkommensspreizung hat zugenommen." Diese verletze "das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung" und könne "den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden". Stattdessen wird nun angeführt, dass sinkende Reallöhne "Ausdruck struktureller Verbesserungen" am Arbeitsmarkt seien. Denn zwischen 2007 und 2011 seien im unteren Lohnbereich viele neue Vollzeitjobs entstanden und hätten Erwerbslose so eine Arbeit bekommen. Vorsichtiger beschreibt die Bundesregierung nun auch, dass manchen Alleinstehenden mit Vollzeitjob der Stundenlohn nicht für die Sicherung des Lebensunterhalts reicht. In der ersten Fassung wurde kritisch angemerkt, dies verschärfe die Armutsrisiken und schwäche den sozialen Zusammenhalt. Diese Bemerkung ist weggefallen. Jetzt ist nur noch zu lesen, dass dies "kritisch zu sehen" sei. Selbst bestimmte Fakten tauchen in dem Bericht nicht mehr auf. In der ersten Version hieß es: "Allerdings arbeiteten im Jahr 2010 in Deutschland knapp über vier Millionen Menschen für einen Bruttostundenlohn von unter sieben Euro." Dieser Satz wurde nun gestrichen. FDP-Chef und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler hatte nach Bekanntwerden der ersten Fassung wissen lassen, dass der Bericht nicht "der Meinung der Bundesregierung" entspreche. Die Liberalen störte vor allem die Aussage, dass die gesellschaftliche Spaltung größer werde. Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), sagte: "Die Bundesregierung will entscheidende Aussagen des Berichts verwässern, verschleiern und beschönigen." Der Sprecher des Arbeitsministeriums erwiderte, es habe Veränderungswünsche gegeben. Dies sei innerhalb einer Ressortabstimmung in einer Koalition "ein ganz normaler Vorgang".
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